In unserer kleinen Reihe „Starke Isenburger Frauen“ berichtet heute unsere Stadtverordnete und stellv. Unterbezirks Vorsitzende Serpil Sarikaya im dritten Teil über Elise Streb und ihr Wirken für die Neu-Isenburger Gesellschaft.
Elise Streb – Kämpferin für Isenburger Arbeiterinnen
Haben wir uns eigentlich mal Gedanken gemacht unter welchen Bedingungen früher Wäscherinnen gearbeitet haben?
Auch heute bringen wir ja einen Teil unserer Wäsche und Kleidung in die Wäscherei bzw. Reinigung. Dort stehen große Maschinen und wir dürfen davon ausgehen, dass die Mitarbeiter*innen ihren ihnen zustehenden Lohn ordnungsgemäß erhalten.
Aber wie war das früher? Vor der Industrialisierung?
Harter Alltag
In Isenburg z.B. gab es 76 Wäschereien. Frauen wuschen dort zu einem Hungerlohn und unter schlechtesten Bedingungen die angelieferte Wäsche.
In der Regel arbeiteten sie von 6 Uhr früh bis 23 Uhr in der Nacht. Dazu noch unbezahlte Überstunden waren die Regel.
1896 nun wurde es Elise Streb zu viel. Trotz ihres hohen Alters von 73 Jahren oder vielleicht gerade deswegen, wollte sie nicht mehr hinnehmen, dass eine Wäscherin für ein Pfund Butter einen ganzen Tag arbeiten musste. Das bedeutete damals: 17 Stunden plus die weiteren unbezahlten Überstunden.
4 Jahre nach Erlaubnis für Frauen unpolitische Arbeiterinnenvereine zu gründen, tat unsere Isenburger Wäscherin Elise Streb genau dies. Mit Hilfe eines Isenburger Sozialdemokraten und einer Frankfurter Frauenrechtlerin gründete Elise Streb, eine einfache Arbeiterin, den „Allgemeinen Frauen- und Mädchenverein“. Ziel dieses Vereins war die „materielle und geistige Erhebung der Lage der Arbeiterinnen“ und hatte im April 1897 mittlerweile 174 Mitglieder.
Auf dem Weg zum ersten Streik der Wäscherinnen
Sie forderten bessere Arbeitsbedingungen in Form eines 10 bzw. 12 Stundentages mit angemessenen Pausen, menschenwürdiger Behandlung und natürlich einen besseren Lohn. Am 12. April 1897 konnte Elise Streb 130 von den Vereinsmitgliedern zum Streik bewegen, der aufgrund der fehlenden Einsicht der Arbeitgeber zu scheitern drohte. Elise Streb und ihre Mitkämpferinnen bekamen aber unerwartete Unterstützung vom Frankfurter Frauenverein. Elise Streb hatte es mit ihrer offenen Art geschafft, dass sich auch wohlhabende Frauen mit den Wäscherinnen solidarisch zeigten und, außer zu spenden, den Wäschereibesitzern damit drohten nicht mehr in Neu-Isenburg waschen zu lassen.
Demnach wurde aus der 73 jährigen einfachen Isenburger Arbeiterin, Elise Streb, neben ihren 6 Mitstreiterinnen, wohl die erste Frau die einen Tarifvertrag, wie wir heute sagen würden, unterschrieben hat.
Dieses historische Ereignis hat Dr. Heidi Fogel in ihrem Buch „Der Wäscherinnenstreik 1897“ ausführlich festgehalten.
weitere Berichte im Netz:
Neu-Isenburg im September 2020